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Wasserschaden verhindern – IBM und fortiss entwickeln neuartigen Sensorik-Prototyp mit Machine-Learning-Algorithmen
August 24, 2021

Ein Wasserschaden kann schnell teuer werden – so auch in den Highlight Towers in München, als ein Wasserrohrbruch im 21. Stock in den Räumen des IBM Watson Center Munich erst am Montag früh...

Ein Wasserschaden kann schnell teuer werden – so auch in den Highlight Towers in München, als ein Wasserrohrbruch im 21. Stock in den Räumen des IBM Watson Center Munich erst am Montag früh entdeckt wurde. Eisige Temperaturen am Wochenende führten zu einem eingefrorenen und dann geplatzten Wasserrohr. Ausgerechnet das Client Center mit der teuersten Hardware im darunterliegenden Stockwerk war betroffen. Sechs Wochen konnte die ausgebuchte Kunden-Event Fläche, die mit sensibler Technik im Wert von mehreren Millionen ausgestattet ist, nicht genutzt werden. Schnell waren sich alle einig: So etwas darf nicht wieder passieren. Aber alle Systeme zur Früherkennung von Wasserschäden stellten die IBM Experten nicht zufrieden. Also nahm sich IBM gemeinsam mit fortiss, dem Landesforschungsinstitut des Freistaats Bayern für softwareintensive Systeme, der Sache an und entwickelte prototypisch eine spezielle Sensorik, die mithilfe von KI und Machine Learning selbst kleinste Lecks erkennt und so künftig einen Wasserschaden verhindern soll.

Die neuen Sensoren sind nur drei mal sechs Zentimeter groß. Die geringe Größe sollte aber keinesfalls über ihre enorme Reichweite hinwegtäuschen: Vier Sensoren können im IBM Watson Center Munich eine komplette Etage, ganze 1.000 m², überwachen. Eingebaut in einen Zwischenboden, eine Zwischendecke oder in eine Wand messen sie kontinuierlich die Luftfeuchtigkeit. Erhöht sich diese, reagiert der Algorithmus und meldet den Vorfall per Push-Benachrichtigung an alle relevanten Personen. Diese können dann im eigens dafür angelegten Dashboard nachvollziehen, wo und in welchem Maße Feuchtigkeit gemeldet wird. So sind alle verantwortlichen Personen immer und überall über mögliche Wasserschäden informiert und können entsprechend kurzfristig reagieren.

Zwei Algorithmen für maximale Transparenz

Die Sensoren erkennen, ob an einer Stelle im Gebäude eine ungewöhnlich hohe Feuchtigkeit vorliegt, lokalisieren den Vorfall und geben zudem an, was für ein Vorfall vorliegt. Für die Analysen der Sensormesswerte hat IBM zusammen mit fortiss zwei Algorithmen entwickelt, deren Ergebnisse im Dashboard visualisiert werden.

Die von IBM modifizierten Sensoren messen kontinuierlich die Luftfeuchtigkeit in der überwachten Fläche. Ein eigens dafür erstellter Schwarmalgorithmus zeigt, ob und wenn ja wo sich die Luftfeuchtigkeit verändert. Der Algorithmus reagiert auf starke und unregelmäßige Veränderungen der Luftfeuchtigkeit. Dabei bewegen sich künstliche Partikel, wie in der Visualisierung (siehe GIF) gezeigt, auf einen Punkt zu. Je höher die Luftfeuchtigkeit, desto schneller und mehr Partikel sammeln sich an einer Stelle, so kann ein Leck identifiziert und lokalisiert werden. Durch die Visualisierung wird für die Nutzer leicht nachvollziehbar, an welcher Stelle ein konkretes Problem vorliegt und wie groß dieses Problem ist. Je mehr Partikel sich also an einer Stelle sammeln, desto mehr Feuchtigkeit tritt auf. Zusätzlich gibt ein Konfidenzgrad an, wie sicher der Algorithmus ist, dass er ein Leck identifiziert hat bzw. wie ernst ein Leck ist. Diese Zusatzinformation hilft, die Meldungen im Dashboard besser einzuordnen und potenziell gefährliche Leckagen sicherer zu identifizieren.

Ein weiterer Algorithmus, der von fortiss entwickelt wurde, führt Informationen aus verschiedenen Quellen zusammen: Daten der Feuchtigkeitssensoren, Koordinaten aus dem Schwarmalgorithmus, Wetterdaten und dem Gebäudeplan. Auf Basis logischer Regeln gibt der Algorithmus nicht nur eine Entscheidung dazu, ob ein Wassereinbruch vorliegt, sondern führt außerdem die Gründe für die erhöhte Luftfeuchtigkeit an. Bei den Ursachen werden zunächst Rohrbrüche und offene Fenster detektiert. Die Regeln, die ein Leck mit möglichen Ursachen in Beziehung setzen, berechnen den Zuverlässigkeitsgrad jeder möglichen Ursache. So wird es wahrscheinlicher, dass ein offenes Fenster die Ursache für erhöhte Feuchtigkeit ist, wenn es regnet. Um die fortwährend eintreffenden Daten schnell zu verarbeiten, wird eine Technik namens „Incremental Reasoning“ umgesetzt und so adaptiert, dass die Verfahren direkt in den eingebetteten Systemen, also in den feuchtigkeitserkennenden Sensoren, ausgeführt werden können.

“Durch die Kombination von wissens- und lernbasierten Verfahren, haben wir es geschafft, einen transparenteren Algorithmus zu entwerfen, der zudem die Trefferquote und Genauigkeit erhöht.”

Professorin Birte Glimm, fortiss Research Fellow

Weitere bildliche Darstellungen geben genauere Einblicke in den gemeldeten Vorfall: Auf einem Grundriss wird die betroffene Stelle gekennzeichnet, eine weitere Grafik zeigt die Entwicklung der Luftfeuchtigkeit über einen längeren Zeitraum an. Zusätzliche 3D-Animationen stellen dar, wie viel Wasser austritt und an welcher Stelle. Alles zusammen gibt eine simple Übersicht, die nutzerzentriert entworfen wurde, um alle relevanten Daten übersichtlich und klar darzustellen und so die Entscheidungsfindung enorm erleichtert.

Dashboard liefert einen einheitlichen Überblick

Im Dashboard gibt es zum einen einen Bereich „Urgency“, der darstellt, mit welcher Dringlichkeit ein Schaden behoben werden muss. Dieser Aspekt bezieht ein, wie viel Feuchtigkeit vorliegt und kann darauf hindeuten, welche Art von Wasserrohr betroffen ist, sofern dies die Ursache ist. Ist es ein Wasserrohr, das unter großem Druck steht und beispielsweise die Sprinkleranlage speist, oder ein kleineres, aus dem nur ein paar Tropfen entweichen? Zum anderen ist einsehbar, ob die erhöhte Feuchtigkeit eher auf ein geöffnetes Fenster oder ein Leck zurückzuführen ist. Mithilfe dieser Informationen kann die prüfende Person einordnen, welche Maßnahmen getroffen werden müssen. Ein geöffnetes Fenster ist werktags sicherlich kein Problem, wenn es nicht gerade in den Raum regnet, am Wochenende hingegen kann es zu großem Schaden führen und muss geschlossen werden. Zudem kann in der Software eine hauptverantwortliche Person festgelegt werden, die dann wiederum alle Schritte angezeigt bekommt, um das Problem zu beheben.

Sensoren können Wasserschaden verhindern

Zweieinhalb Jahre intensiver Forschung haben zu dieser ganzheitlichen Lösung geführt, die nun im IBM Watson Center Munich verbaut ist. Und sie hat sich bereits jetzt bezahlt gemacht: Diverse Lecks konnten schneller identifiziert und behoben werden. Das neue System hat so oftmals einen ernsten Wasserschaden verhindern können. Zudem wurden die Gebäudemanager durch die Sensoren auf tiefer liegende Probleme der Wasserrohre aufmerksam.

Als nächste Schritte sind geplant, Verbesserungen an den Algorithmen im parallelen Live Betrieb zu erproben, um die Verortung noch genauer zu machen. Bei erfolgreicher Implementierung kann dann darüber entschieden werden, wie dieses spannende Research-Projekt skaliert werden kann. Denn damit können dann künftig auch in anderen Gebäuden und Anlagen teure Lecks verhindert werden – und Gebäudemanager können künftig etwas entspannter ins Wochenende gehen.

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