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Die Entwicklungen zu COVID-19 bringen momentan jeden Tag neue Nachrichten. Das öffentliche Leben wird heruntergefahren, Grenzen geschlossen, Verbraucher stehen vor einigen leeren Regalen im...
Die Entwicklungen zu COVID-19 bringen momentan jeden Tag neue Nachrichten. Das öffentliche Leben wird heruntergefahren, Grenzen geschlossen, Verbraucher stehen vor einigen leeren Regalen im Supermarkt. Und Automobilhersteller stellen ihre Produktion ein. Droht neben dem gesundheitlichen Risiko auch ein zunehmender Engpass bei der Lieferung relevanter Produkte? Oder halten die sonst so effizienten Lieferketten der aktuellen Belastungsprobe stand? Und wie können sich Unternehmen in Zukunft auf Krisensituationen besser einstellen?
Die Verbraucher im Supermarkt müssen sich nicht sorgen. Laut Politikern und dem Handelsverband ist das Warenangebot sichergestellt und die Lieferketten für Lebensmittel funktionieren wie gehabt. Bei anderen Produkten oder Produktionsteilen, etwa in der Automobil- oder auch in der Pharmaindustrie, kann es jedoch durchaus zu Engpässen kommen, da Teile der oft globalen Lieferkette ausfallen, Produktionsteile nicht mehr geliefert werden oder auch wegen mangelnder Frachtkapazitäten. Nach Industrie.de fahren die Autohersteller ihre Produktion entsprechend herunter. Laut einer Umfrage der europäischen Handelskammer in China unter ihren Mitgliedsfirmen erwartet fast jedes zweite Unternehmen wegen der Krise einen zweistelligen prozentualen Einbruch der Einnahmen in der ersten Hälfte des Jahres – ein Viertel rechne sogar mit mehr als 20 Prozent Rückgang.
Lieferketten greifen heute bis ins kleinste Glied hocheffizient ineinander und sind gleichzeitig sehr komplex – und genau dies macht sie auch störanfälliger. Moderne Lieferketten sind meist international und fast immer mehrstufig. Sie verbinden eine Vielzahl von Akteuren miteinander, und oft werden Produktionsteile für die Weiterverarbeitung „just in time“ geliefert, um Lagerkosten gering zu halten. Ebenfalls um Kosten gering zu halten, gibt es wenig redundante Strukturen und somit wenig Spielraum für Ausfälle. Gleichzeitig hinkt bei dieser modernen Lieferkettenstruktur die Transparenz innerhalb der Lieferkette oft überraschend weit hinterher und die Kommunikation zwischen den Akteuren gestaltet sich oft schwierig. So basieren beispielsweise in der Containerschifffahrt noch viele Vorgänge auf Papierdokumenten.
Belastungsprobe für Lieferketten
Was passiert, wenn aufgrund einer größeren oder kleineren Krise Lieferanten ausfallen, Lieferwege alternativ organisiert werden müssen, und die Kommunikation der Beteiligten dann vielleicht an fehlenden Papierdokumenten scheitert? Dann reißt eine Lieferkette vielleicht nicht gleich ab, ist aber einer starken Belastungsprobe ausgesetzt.
In der COVID-19-Krise wird in vielen Unternehmen derzeit noch mit aktuellen Lagerbeständen oder Umlagerungen aus anderen Kontingenten gearbeitet, um die belasteten Lieferprozesse abzufangen. Bereits jetzt heißt es jedoch zunehmend: Das Lager ist leer – wo bleibt der Nachschub? Der könnte durchaus noch drei Monate auf sich warten lassen. Wenn ein Produktionsteil in China hergestellt und beim dortigen Lieferanten nachbestellt wird, kann der komplette Seeweg inklusive Verschiffung, Zollformalitäten und Weitertransport durchaus mindestens 5 Wochen dauern – und dies gilt bereits für „normale Zeiten“. Und aktuell kommt noch hinzu, dass die Produktion in China teilweise auch jetzt erst wieder hochgefahren wird.
Solche Verzögerungen und die unvollständige Transparenz in den Abläufen führen zu gewissen Welleneffekten bei Angebot und Nachfrage: Zunächst wird entlang der Lieferkette zu wenig Ware bestellt, weil noch genug vorrätig scheint oder die Nachfrage als zu gering eingeschätzt wird. Dadurch reduziert auch der Hersteller seine Volumina. Dann fallen jedoch vielleicht plötzlich Teile der Lieferkette aus oder die Nachfrage verstärkt sich – das kann auch plötzlich und unvorhergesehen geschehen, wie wir es heutzutage etwa bei Desinfektionsmittel erleben. Diese erhöhte Nachfrage kann aber wiederum durch die verzögerten Welleneffekte nicht harmonisch befriedigt werden. Nach einer gewissen Zeit jedoch pendeln sich die unterschiedlichen Ausschläge wieder ein. Was aber können Supply-Chain-Profis jetzt tun, um ihre Lieferkette am Laufen zu halten?
Notfallpläne aktivieren und sich einen Wissensvorsprung verschaffen
Aktuell werden Unternehmen die drängendsten Probleme priorisieren und (hoffentlich vorbereitete) Notfallpläne aktivieren. Diese Notfallpläne sind oft lieferantenspezifisch und klären unter anderem, wie viel Produkte auf Lager vorrätig gehalten werden sollten – sowohl im eigenen Lager als auch im Lager des Lieferanten. Ein solcher Sicherungsbestand sollte natürlich idealerweise vor einer Krise angelegt werden. Hier hilft ein genauer Priorisierungsplan: Welche Aufträge, Lieferungen oder Kunden haben Priorität, wenn nicht jede Anfrage erfüllt werden kann? Sinnvoll ist auch die generelle Verstärkung von Produktionslinien durch gewollte Redundanz, wie etwa die doppelte Besetzung von Teams.
Auch wenn in außergewöhnlichen Situationen regionale Produktionsstätten und Lieferalternativen von Vorteil sein können, wird es aufgrund der Wettbewerbssituation und des Kostendrucks für die meisten Unternehmen keine dauerhafte Lösung sein, Lieferketten wieder verstärkt zu regionalisieren. Und die Frage ist auch, ob dies in unserer globalisierten Gesellschaft überhaupt wünschenswert und machbar ist.
In jeder Krise oder außergewöhnlichen Situation ist ein Faktor jedoch besonders wertvoll: relevante Daten als Entscheidungsgrundlage. Um aktuelle Herausforderungen zu meistern und besonders auch um zukünftige Probleme möglichst vorherzusehen und sich darauf vorzubereiten, müssen Daten gesammelt werden. Und zwar genaue und valide Daten, möglichst in Echtzeit. Und dabei kann es sich auch weniger dramatische Situationen handeln, etwa die Insolvenz eines wichtigen Lieferanten in einer Lieferkette. Wer in einer solchen Situation über präzise Vorhersagemodelle und Daten verfügt, hat auf jeden Fall einen Vorteil gegenüber anderen Unternehmen.
Doch woher diese genauen und validen Daten für diese Art Frühwarnsystem nehmen? Die Tagespresse ist für sehr spezielle Themen rund um die Supply Chain und für Echtzeit-Detailwissen oft nicht geeignet. Viele Unternehmen beschäftigen deshalb eigene Rechercheure, die beispielsweise alle Online-Informationen über einen Lieferanten verfolgen. Manche arbeiten auch direkt mit Mitarbeitern vor Ort zusammen. So haben etwa professionelle Quellen schon in der zweiten Januarwoche Hinweise geliefert, dass in China Werke gesperrt werden.
Daten an einem Ort bündeln und mit KI analysieren
Wenn viele Daten und Informationen aus diversen Quellen schnell zusammengebracht und analysiert werden müssen, stellt dies immer eine Herausforderung dar. Moderne Büromitarbeiter sind heute oft in vielen verschiedenen Chat- und Projektmanagementtools unterwegs. Im Bereich Lieferketten kommen noch Kommunikationshürden in globalen Teams und Medienbrüche zwischen digitaler und analoger Welt hinzu. Im Rahmen des Supply Chain Managements sind ausführliche Dokumentationen des Geschehens in vielen Fällen selten. Hinzu kommt, wenn ein internes Team oder ein anderer Akteur entlang der Supply Chain nicht weiß, dass es diese Dokumentation gibt und wo sie abliegt – wie soll er dann daraus Informationen beziehen? Bei diesem Problem kann Künstliche Intelligenz (KI) unterstützen: Die Lösung IBM Sterling Supply Chain Insights mit Watson ermöglicht größere Transparenz durch Zugriff auf aktuelle und frühere Informationen. Supply Chain Insights stellt mit Hilfe von KI Echtzeitinformationen zur Verfügung, indem Daten innerhalb kürzester Zeit aus isolierten Systemen korreliert, unternehmensweites Wissen erfasst und digitale Playbooks erstellt werden.
Auf diesem Wissen basierend können Mitarbeiter etwa Auswirkungsanalysen erstellen. Dabei werden die Warnungen mit der aktuellen Situation in der Supply Chain verglichen, etwa welche Lieferanten, Lieferungen oder Kunden betroffen sind. Außerdem können die beteiligten Akteure transparent und kollaborativ zusammenarbeiten. In sogenannten Resolution Rooms von Supply Chain Insights versammeln sich virtuell verschiedene Akteure einer Lieferkette, etwa Suppy Chain Manager, Mitarbeiter, Kunden, Lieferanten oder sogar Zoll-Mitarbeiter. In einem Chat arbeiten dann alle Beteiligten gemeinsam an der Lösung eines Problems, zum Beispiel eine verspätete Warenlieferung. Durch Künstliche Intelligenz haben diese Mitarbeiter aktuelle Echtzeitinformationen und Informationen von früheren Vorgängen zur Hand und können darauf basierend Entscheidungen treffen. Um als digitaler Kollege im Einsatz zu sein, muss die KI vorab in einem iterativen Entwicklungsprozess auf die konkreten Aufgabe- und Fragestellungen hin trainiert werden, beispielsweise das Internet nach Informationen über die Top 10 Lieferanten zu durchsuchen.
Solche Datenanalysen in Echtzeit ermöglichen Unternehmen sowohl im Alltagsgeschäft als auch in außergewöhnlichen Situationen einen Wissensvorsprung und damit auch einen Handlungsvorsprung, um Supply-Chain-Prozesse anzupassen. Denn die nächste Krise kommt bestimmt – auch wenn es dann, anders als heute, hoffentlich nur ein lokal begrenztes Problem innerhalb einer Lieferkette ist.
Möchten Sie mehr darüber erfahren, wie Lieferketten für Krisen und die Zeit danach vorbereitet werden können? Im Video zu unserem Webinar „I’ll be back – Lieferketten für die Zeit danach fit machen“ erfahren Sie weitere Details.
Weitere Informationen zu IBM und COVID-19 finden Sie hier.