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Aktuell interessieren sich viele Verbraucher für Lieferketten und Supply Chain Management – ein durchaus komplexes Thema, das in der Vergangenheit oft nur für Experten relevant war. Aber wie...
Aktuell interessieren sich viele Verbraucher für Lieferketten und Supply Chain Management – ein durchaus komplexes Thema, das in der Vergangenheit oft nur für Experten relevant war. Aber wie so oft: Den meisten Menschen fällt erst auf, welche Prozesse hinter Alltagsdingen wie dem täglichen Einkauf stehen, wenn mal nicht alles reibungslos funktioniert. Dabei sind unsere weltweiten Lieferketten generell störanfällig: Schon bei kleineren Problemen können sie aus dem Takt geraten. Viele Unternehmen haben deshalb Supply Chain Risk Management, Risk Assessments oder Emergency Operations Center eingeführt und entsprechende Notfallpläne oder Playbooks in der Schublade. Die müssen sich in den aktuellen Zeiten bewähren. Andere Unternehmen haben solche Vorkehrungen jedoch nicht getroffen.
Auch wenn momentan schon die pünktliche Lieferung teilweise eine Herausforderung ist, geht es in modernen Lieferketten um viel mehr als nur die Frage: Wann ist ein Produkt an einem bestimmten Ort? Schnelle Reaktion auf Unvorhergesehenes, Zusammenarbeit der Akteure, Nachhaltigkeit und Transparenz für Verbraucher spielen eine immer größere Rolle. Um all diese Aspekte im Blick zu behalten, ist eines ganz entscheidend: Lieferketten-Management bedeutet zunehmend Daten-Management. Wie können Lieferketten mit Hilfe von intelligenter Datenintegration fit für die Zukunft gemacht werden, um den neuen Anforderungen von Kunden und Verbrauchern gerecht zu werden?
Trend: Lieferketten werden zunehmend zu „Datenketten“
Bereits 2017 hat eine ganz normale Lieferkette auf 50 Mal mehr Daten zugegriffen als nur fünf Jahre zuvor. Diese Daten liegen jedoch oft brach: Weniger als ein Viertel davon wird einer Analyse unterzogen. Dabei haben gerade aktuelle Daten einen großen Wert für Lieferketten, seien es etwa Informationen zu Produzenten, Lagerbeständen, aber auch Wetterdaten, politischen Ereignissen – oder auch Epidemien und Pandemien. Der Motor, der die Lieferketten der nächsten Generation zusammenhält und antreibt, besteht jedoch aus genau diesen Daten.
Dabei sind diese Daten durchaus verfügbar – nur nicht für alle Beteiligten. Sie liegen an unterschiedlichen Orten in verschiedenster Form in Silos ab – von elektronischen Systemen bis hin zu schriftlichen Dokumentationen und Frachtpapieren. Das führt beispielsweise dazu, dass der Empfänger auf relevante Daten zu seiner aktuellen Lieferung nicht zeitnah zugreifen kann. Dies ist nicht möglich, weil die Daten nicht miteinander verknüpft sind. Somit gibt es dann zwar beispielsweise die Information, dass eine Lieferung verspätet ist. Dass aber in dieser Lieferung auch wichtige Teile für eine Just-in-time-Produktion enthalten sind, erfährt der Betrieb nicht, der dringend auf seine Bestellung wartet. Es gibt natürlich auch in der traditionellen Lieferkette Möglichkeiten, solche Informationen zu sammeln. Dies passiert dann aber entweder telefonisch oder über einzelne, manuelle Abfragen in verschiedenen System – bei 100 Artikeln in einer Lieferung sind das dann allerdings 100 Anfragen – und mehrere Tage Arbeit.
Nach dem Erdbeben und dem Taifun in Asien 2011 beauftragte etwa ein japanischer Halbleiterhersteller seine Mitarbeiter, ein Netzwerkdiagramm zu erstellen, damit alle benötigten Produktionsbestandteile zurückverfolgt werden können. Für diese auf den ersten Blick leichte Aufgabe haben über 100 Mitarbeiter mehr als ein Jahr gebraucht. Anhand dieses Beispiels lässt sich sehr gut erkennen, wie abhängig Unternehmen heutzutage von ihrem Lieferanten-Netzwerk sind und wie stark verzweigt diese Netzwerke sind.
Wie aber kann man die Daten zusammenbringen, besser verknüpfen und „zum Sprechen bringen“, und eine intelligente, selbstlernende Lieferkette ermöglichen? Damit die beteiligten Akteure Informationen viel schneller erhalten und verarbeiten können – in Minuten statt Tagen, Wochen oder Monaten.
Dazu bräuchte man eine Art Control Tower, von dem aus man alle relevanten – und miteinander verknüpften – Daten und Prozesse über die gesamte Lieferkette hinweg im Blick hätte. Genau einen solchen „Aussichtspunkt“ bietet der „Supply Chain Control Tower“, der die oberste Schicht der IBM Sterling Supply Chain Suite bildet. Die Supply Chain Suite ist eine offene, integrierte Plattform mit integrierten KI- und Blockchain-Lösungen, an die komplette Ökosysteme aus Lieferanten und Kunden einfach angebunden werden können.
Trend: Mehr Transparenz und bessere Zusammenarbeit durch Blockchain
Genauso wie in den Lieferketten in Zukunft die Daten mehr miteinander verbunden werden müssen, um tiefere Einblicke zu gewähren, sollten auch die Mitarbeiter entlang der Lieferkette mehr kooperieren. Das größte Hindernis für eine solche kollaborative Zusammenarbeit zwischen Produzenten, Logistikern, Händlern und Unternehmen ist die mangelnde Transparenz. Laut der IBM Studie IBV Global Chief Supply Chain Officer sehen 84 Prozent der befragten CSCOs einen mangelhaften Überblick als ihre größte Herausforderung.
So wie die Daten aktuell oft noch in Silos liegen, arbeiten auch die beteiligten Akteure entsprechend in Silos – das führt dazu, dass Lieferketten in normalen Zeiten meist funktionieren, bei größeren und kleineren Problemen jedoch schnell aus dem Takt geraten.
Es gibt jedoch eine Technologie, die jedem relevanten Akteur umfassende Einblicke in alle Transaktionen gibt, die ihn betreffen: die Blockchain. Obwohl schon seit längerem ein Trend-Thema, wird die Technologie für umfassende Supply-Chain-Ökosysteme noch nicht großflächig eingesetzt. Wenn jedoch eine Blockchain-Schicht über eine Lieferkette gelegt wird, erhöht sich der Überblick und der verlässliche Informationsaustausch im Netzwerk enorm. Dies wird durch den sogenannten Shared Ledger ermöglicht, der die Authentizität und Integrität der Daten gewährleistet und somit auch das Vertrauen der Beteiligten erhöht. Daraus entsteht eine klare Win-Win-Situation beim Datenaustausch: Wenn man auf üblichem Wege Informationen an einen Auftraggeber sendet, hat man selbst erstmal wenig davon. In der Blockchain dagegen ist es immer ein Austausch auf Gegenseitigkeit. Alle Beteiligten sind prinzipiell gleichberechtigt, abhängig von den jeweils erteilten Freigaben, und haben Zugriff auf alle geteilten Informationen in Echtzeit. In einem solchen Blockchain-Universum können alle für eine Lieferkette relevanten Transaktionen abgewickelt werden, wie etwa Bestellungen empfangen oder senden, Lieferakquise oder elektronischer Handel.
Die Lösung IBM Sterling Delivery Transaction Intelligence, Teil der Supply Chain Suite, ist eine Blockchain-Anwendung, die genau dies ermöglicht. Transaction Intelligence ist dabei mit dem IBM Supply Chain Business Network (SCBN) integriert, in dem Hersteller, Lieferanten und Händler bereits vernetzt sind. Mit der blockchainbasierten Lösung IBM Supplier Management lassen sich auch zusätzliche Lieferanten und ihre Daten einfach integrieren.
Trend: Die nachhaltige Lieferkette
Transparenz ist nicht nur innerhalb des Ökosystems Lieferkette gefragt. Auch Verbraucher erwarten heutzutage mehr Transparenz: Sie wollen wissen, wo ihre Produkte herkommen, und vor allem, ob diese nachhaltig produziert und transportiert werden. Nachhaltige Lieferketten waren in der Vergangenheit oft eher ein frommer Wunsch als Realität. Hier hat sich jedoch in der jüngeren Vergangenheit viel getan. Und die Kunden erwarten dies auch – besonders die junge Generation Z: Laut einer Umfrage von PSFK sind für mehr als die Hälfte der jungen Käufer der ethische Anspruch und die Werte einer Marke das wichtigste Kaufkriterium.
Zu einer nachhaltigen Lieferkette gehört auch die Frage, ob manche Produkte wirklich um die halbe Welt reisen müssen. Es hat natürlich viele Gründe, warum heutige Lieferketten so oft global sind, wie etwa eine kostengünstige Produktion. Dennoch könnte es in Zukunft wieder einen gewissen Gegentrend der Re-Regionalisierung geben, auch da gerade in der aktuellen Zeit offensichtlich wird, wie fragil globale Lieferketten sind.
Nachhaltigkeit und faire Produktionsbedingungen setzen aber noch früher an – und zwar in der Produktion. Für Kunden wird es immer wichtiger, wo ihre Produkte herkommen und wie diese hergestellt werden. Die Blockchain-Technologie macht auch diese Aspekte transparenter, so dass Unternehmen beispielsweise bei Bedarf schnell einen Lieferanten wechseln können, wenn etwa ein kurzfristiges Problem in der Lebensmittelproduktion auftritt.
Transparenz sollte aber nicht am Ende der Lieferkette aufhören: Blockchain kann die Sicherheit und damit auch das Vertrauen der Verbraucher entscheidend erhöhen, wenn sie etwa den Weg einer Kartoffel vom Acker bis zum Kartoffelpüree im Supermarktregal nachvollziehen können. IBM Food Trust™ auf der Basis von IBM Blockchain ermöglicht eine solche sichere und auch für die Verbraucher nachvollziehbare Lieferkette.
Etablierung eines Frühwarnsystems
Was aber tun, wenn die Lieferkette aus dem Takt gerät? In jeder Lieferkette gibt es regelmäßig Störungen oder sogar Unterbrechungen, etwa bei Lieferschwierigkeiten eines Lieferanten, schweren Unwettern oder auch in der aktuellen Situation. Laut einer Umfrage von riskmethods und dem Bundesverband für Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik waren 37 Prozent der Unternehmen 2017 von mehr als fünf Unterbrechungen in der Lieferkette betroffen, die den Geschäftsablauf beeinträchtigt haben.
Gerade bei größeren Problemen oder in Krisenzeiten können Effizienz und schlanke Strukturen, die in „normalen“ Zeiten kostengünstige Abwicklungen ermöglichen, zum Problem werden. Meist gibt es wenig redundante Strukturen wie Backup-Teams oder alternative Lieferanten. Wenn nun beispielsweise ein Lieferant in China ausfällt, kommen komplexe Lieferketten schnell an ihre Belastungsgrenzen. Neben Umlagerungen aus anderen Kontingenten oder flexibler Schaffung von redundanten Strukturen ist eines entscheidend: ein Frühwarnsystem, basierend auf intelligenter Datenanalyse, um zukünftige Störungen der Lieferkette vorherzusehen.
Wie aber erhalten Mitarbeiter eines Unternehmens und auch externe Akteure in der Supply Chain jederzeit Zugriff auf alle relevanten Informationen? Die Lösung IBM Sterling Supply Chain Insights mit Watson ermöglicht größere Transparenz, indem sie mit Hilfe von KI Echtzeitinformationen zur Verfügung stellt und aus verschiedenen Systemen korreliert. Zudem werden unternehmensweites und externes Wissen erfasst. Darauf basierend können Mitarbeiter etwa Auswirkungsanalysen erstellen und Warnungen mit der aktuellen Situation in der Supply Chain vergleichen, etwa welche Lieferanten, Lieferungen oder Kunden betroffen sind.
Diese aktuellen Trends und Themen rund um die Supply Chain zeigen: Daten sind der Schlüssel. Intelligent genutzte und verknüpfte Daten bringen eine größere Transparenz, eine bessere Zusammenarbeit der beteiligten Akteure und eine höhere Belastbarkeit der Lieferkette in Ausnahmesituationen mit sich.