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Normungsroadmap KI: Normen stärken das Vertrauen
December 01, 2020

Am 30. November 2020 wurde die Normungsroadmap Künstliche Intelligenz (KI) der Fachöffentlichkeit vorgestellt. Mit der Roadmap wird die KI-Strategie der Bundesregierung umgesetzt – eines der...

Am 30. November 2020 wurde die Normungsroadmap Künstliche Intelligenz (KI) der Fachöffentlichkeit vorgestellt. Mit der Roadmap wird die KI-Strategie der Bundesregierung umgesetzt – eines der zwölf Handlungsfelder lautet „Standards setzen“. Doch was ist das Ziel des mehr als 250-seitigen Dokuments, das 300 Experten in einem Projekt von DIN und DKE erarbeitet haben? Und das eine hochrangige Steuerungsgruppe – darunter auch Dr. Wolfgang Hildesheim, Leiter IBM Watson Group Deutschland, Österreich, Schweiz – begleitet hat?

Die Roadmap hat zwei wesentliche Ziele: Erstens soll sie einen Überblick über bereits vorhandene KI-Normen und -Standards geben. Dazu beschreibt sie das Umfeld, in dem sich KI-Standardisierung bewegt. Zweitens soll sie zeigen, wo es hier noch Normungs- und Standardisierungsbedarf gibt. Auf dieser Basis formuliert die Roadmap konkrete Handlungsempfehlungen.

Experten aus unterschiedlichen Disziplinen und Bereichen haben die Normungsroadmap KI erstellt.

KI den Weg weisen

Künstliche Intelligenz ist aus der digitalen Welt bereits nicht mehr wegzudenken. Doch klar ist auch: Eine Technologie wird flächendeckend nur erfolgreich zum Einsatz kommen, wenn die Gesellschaft sie akzeptiert. Unternehmen erkennen zwar zunehmend die Chancen durch KI – in der Bevölkerung stößt Künstliche Intelligenz jedoch aufgrund ethischer Bedenken teils auf Ablehnung. Deshalb sind Regeln und Vorgaben nötig, die sicherstellen, dass ethische Werte eingehalten werden.

Für KI-Innovationen aus Deutschland

Hier setzen Normen und Standards an: Sie beschreiben technische Anforderungen und definieren Qualitätskriterien. Das trägt zu einer robusten KI bei und erleichtert es, die Zuverlässigkeit der Resultate von KI-Systemen zu beurteilen. Beides stärkt das Vertrauen in diese Technologie. Ein weiterer Vorteil: Wenn Deutschland es über Normung und Standardisierung schafft, die europäischen Wertmaßstäbe in KI-Anwendungen zu integrieren, können deutsche KI-Produkte weltweit höhere Akzeptanz finden. Die Roadmap ist der Wegweiser dahin und unterstützt so die internationale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft. KI-Normung und -Standardisierung trägt zudem zu offenen Schnittstellen bei, was insbesondere kleinen und mittelständischen Unternehmen nutzt – sie erhalten mit ihren Innovationen einfacher Zugang zum globalen Markt.

 Fünf Schritte zu einer „KI Made in Germany“

Die Normungsroadmap KI ist in sieben Schwerpunktthemen rund um Künstliche Intelligenz unterteilt:

  • Grundlagen
  • Ethik/Responsible AI
  • Qualität, Konformitätsbewertung und Zertifizierung
  • IT-Sicherheit bei KI-Systemen
  • Industrielle Automation
  • Mobilität/Logistik
  • KI in der Medizin

Sieben Schwerpunktthemen behandelt die Normungsroadmap KI

Für diese Schwerpunktthemen beschreibt das Dokument rund 70 Standardisierungspotenziale. Fünf bereichsübergreifende und zentrale Handlungsempfehlungen zeigen die möglichen nächsten Schritte:

1. Datenreferenzmodelle für die Interoperabilität von KI-Systemen umsetzen

In Wertschöpfungsketten kommen viele unterschiedliche Akteure zusammen. Damit auch die verschiedenen KI-Systeme dieser Akteure automatisiert zusammenarbeiten können, ist ein Datenreferenzmodell nötig, um Daten sicher, zuverlässig, flexibel und kompatibel auszutauschen. Standards für Datenreferenzmodelle aus unterschiedlichen Bereichen schaffen die Grundlage für einen übergreifenden Datenaustausch und stellen damit weltweit die Interoperabilität von Systemen sicher.

2. Horizontale KI-Basis-Sicherheitsnorm erstellen

KI-Systeme sind im Kern IT-Systeme – für letztere gibt es bereits viele Normen und Standards aus verschiedensten Anwendungsbereichen. Um ein einheitliches Vorgehen beim Thema IT-Sicherheit von KI-Anwendungen zu ermöglichen, ist eine übergreifende „Umbrella-Norm“ sinnvoll, die vorhandene Normen und Prüfverfahren für IT-Systeme bündelt und um KI-Aspekte ergänzt. Diese Basis-Sicherheitsnorm lässt sich durch Sub-Normen zu weiteren Themen ergänzen.

3. Praxisgerechte initiale Kritikalitätsprüfung von KI-Systemen ausgestalten

Wenn selbstlernende KI-Systeme über Menschen, deren Besitz oder Zugang zu knappen Ressourcen entscheiden, können ungeplante Probleme in der KI individuelle Grundrechte oder demokratische Werte gefährden. Damit sich KI-Systeme in ethisch unkritischen Anwendungsfeldern dennoch frei entwickeln lassen, sollte durch die Normung eine initiale Kritikalitätsprüfung gestaltet werden – diese kann schnell und rechtssicher klären, ob ein KI-System solche Konflikte überhaupt auslösen kann.

4. Nationales Umsetzungsprogramm „Trusted AI“ zur Ertüchtigung der europäischen Qualitätsinfrastruktur initiieren

Bisher fehlen verlässliche Qualitätskriterien und Prüfverfahren für KI-Systeme. Es braucht ein nationales Umsetzungsprogramm, das die Grundlagen für reproduzierbare und standardisierte Prüfverfahren legt, durch die sich Eigenschaften von KI-Systemen wie Verlässlichkeit, Robustheit, Leistungsfähigkeit und funktionale Sicherheit prüfen und Aussagen über die Vertrauenswürdigkeit treffen lassen. Normen und Standards beschreiben Anforderungen an diese Prüfverfahren und bilden so die Grundlage für die Zertifizierung und Konformitätsbewertung von KI-Systemen.  Mit einer solchen Initiative hat Deutschland die Chance, ein weltweit erstes und international anerkanntes Zertifizierungsprogramm zu entwickeln.

5. Use Cases auf Normungsbedarf analysieren und bewerten

Die Dynamik in der KI-Forschung und industrieller Entwicklung und Anwendung von KI-Systemen ist hoch. Es gibt bereits viele Anwendungsfälle für verschiedene Einsatzfelder der KI. Durch die Betrachtung anwendungstypischer und branchenrelevanter Use Cases lassen sich für industriereife KI-Anwendungen Standardisierungsbedarfe ableiten.  Für Normen und Standards sind wechselseitige Impulse aus Forschung, Industrie, Gesellschaft und Regulierung einzubinden. Die entwickelten Standards sollten entlang von Use Cases erprobt und weiterentwickelt werden. So lassen sich anwendungsspezifische Bedarfe früh erkennen und marktfähige KI-Standards realisieren.

Die vollständigen Empfehlungen und Handlungsbedarfe gibt es unter www.din.de/normungsroadmapki. Übrigens: Die Roadmap wird regelmäßig aktualisiert – im Herbst 2021 geht sie in die zweite Runde. Interessierte aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Zivilgesellschaft sind herzlich zur Mitarbeit eingeladen und können sich dazu an DIN wenden.

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