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Quantencomputing - Durchblick in komplexen Netzen
By | Presse und Medien, Fraunhofer-Gesellschaft
February 13, 2023

Ob Energie, Wasser oder Telekommunikation: Je komplexer die Netzwerke, desto störanfälliger sind sie. Die Folgen? Sind kaum noch abzuschätzen. Quantencomputer könnten helfen, die Stabilität...

Ob Energie, Wasser oder Telekommunikation: Je komplexer die Netzwerke, desto störanfälliger sind sie. Die Folgen? Sind kaum noch abzuschätzen. Quantencomputer könnten helfen, die Stabilität kritischer Infrastrukturen zu bewerten.

Quantencomputer könnten in einigen Jahren die Welt verändern, möglicherweise zumindest. Ganz sicher verändert die Beschäftigung mit ihnen und ihren Einsatzmöglichkeiten das Arbeiten – und zwar schon heute. Das zumindest ist eine Erfahrung, die Dr. Mirjam Fehling-Kaschek und Dr. Corinna Köpke gemacht haben. »Das Projekt hat viele Menschen zusammengebracht, die vorher kaum Berührungspunkte hatten. Heute arbeiten wir nicht nur abteilungs-, sondern auch institutionsübergreifend enger zusammen, und alle profitieren von den unterschiedlichen Perspektiven und Kompetenzen«, berichtet Köpke.

Selbst wenn es noch dauern mag, bis Quantencomputer praktische Probleme lösen können – die gemeinsame Forschung daran ist schon zukunftsweisend. Seit 2020 wird bei Fraunhofer nach konkreten Fragestellungen gesucht, die sich mit Quantencomputern effizienter und schneller lösen lassen.

Konventionelle Rechner am Limit

Dr. Mirjam Fehling-Kaschek, Physikerin am Fraunhofer-Institut für Kurzzeitdynamik, Ernst-Mach-Institut EMI, wusste sofort: »Das muss ich ausprobieren!« Mit ihrem Team bewertet sie die Resilienz kritischer Infrastrukturen. Dafür nutzt sie Simulationen. Doch haben Netzwerke für Strom, Telekommunikation oder Wasserversorgung heute einen Komplexitätsgrad erreicht, der den Rechenaufwand dafür immer weiter in die Höhe treibt.

»Wir betrachten Netzwerkszenarien, für die oft 10 000 und mehr Parameter relevant sind – von möglichen Kaskadeneffekten über Reparaturzeiten bis hin zur optimalen Reihenfolge der Wiedereinschaltung«, sagt Fehling-Kaschek. »Das zu simulieren, kann mit normalen Computern mehrere Stunden Rechenleistung in Anspruch nehmen – Tendenz steigend.« Quantencomputer sieht Fehling-Kaschek als Chance, solche Simulationsaufgaben zu optimieren. Wie das funktionieren kann, erforscht sie zusammen mit mehreren Projektpartnern am IBM Quantum System One in Ehningen bei Stuttgart, einem Quantencomputer, der seit 2021 exklusiv von der Fraunhofer-Gesellschaft und ihren Partnern genutzt werden kann.

Ausprobieren, umdenken, weitermachen

Wie also nähert man sich der Arbeit mit einem Quantencomputer? Zunächst übersetzte das Team in Zusammenarbeit mit der Universität Freiburg das zu simulierende Netzwerk gewissermaßen in »Quantisch«. Die Informationen sind in Quantencomputern in sogenannten Qubits gespeichert. Quantenschaltungen, genannt Circuits, zwischen diesen Qubits sorgen dafür, dass der Quantencomputer die Aufgabe versteht. Da in heutigen Systemen für solch umfassende Fragestellungen wie die des Fraunhofer EMI noch nicht genügend Qubits zur Verfügung stehen, reduzierten die Wissenschaftlerinnen das zu betrachtende Netzwerk zunächst auf wenige Parameter. Zudem behalfen sie sich mit einem Kniff, indem sie das Problem in kleinere Teilbereiche aufteilten: die Informationsübertragung zwischen den einzelnen »Knoten«, also Parametern, auf der einen Seite und die Störung und ihre Effekte auf der anderen.

»Während sich der erste Teil schon gut auf dem Quantencomputer darstellen lässt, sehen wir, dass die Berechnung der störungsbedingten Parameter noch weiterer Forschung bedarf«, berichtet Dr. Corinna Köpke, die neben Mirjam Fehling-Kaschek das Projekt verantwortet. Nun heißt es: umdenken und weiter ausprobieren. Im nächsten Schritt wollen die Forscherinnen eine andere Herangehensweise testen und die Komplexität weiter reduzieren.

Doch Ausprobieren und flexibles Denken sind nur der Anfang, solange die noch begrenzte Hardware die Forschung bremst. Köpke verdeutlicht: »Um mit dem aktuellen Ansatz eine realistische Anzahl an Knoten zu simulieren, bräuchten wir perspektivisch das Vielfache an miteinander verschränkten Qubits. Bis dahin ist es noch ein weiter Weg.« Fehling-Kaschek ergänzt: »Doch nur wenn wir es jetzt ausprobieren und diesen Weg beharrlich beschreiten, rückt die Anwendung näher.« Beide Forscherinnen sind sich aber in einem Punkt völlig einig: Schon heute haben sie durch die Möglichkeit, an einem Quantencomputer zu forschen, enorm viel gelernt.

Dieser Artikel wurde im Fraunhofer Magazine 3|22 veröffentlicht und mit freundlicher Genehmigung wiederveröffentlicht.


Über Fraunhofer & IBM

Fraunhofer ist Mitglied des IBM Quantum Networks und arbeitet dediziert auf einem der mehr als 25 Quantensysteme in der Cloud. Das IBM Quantum System One in Ehningen ist das erste kommerzielle System in Europa. Industrieunternehmen und Forschungseinrichtungen können in Kooperation mit Fraunhofer hier unter deutschem Recht angewandte Quantensoftware entwickeln, testen und ihre Kompetenzen erweitern. Mehr Information finden Sie hier.

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