THINK Blog DACH

Künstliche Intelligenz und die Hybrid Cloud: Was wir 2023 erwarten können
January 19, 2023

Von Matthias Biniok, IBM Client Engineering Manager, IBM Technology DACH und Bernd Schierholz Vice President IBM Cloud DACH and Managing Director IBM CSS GmbH Sowohl künstliche Intelligenz als...

Von Matthias Biniok, IBM Client Engineering Manager, IBM Technology DACH und Bernd Schierholz Vice President IBM Cloud DACH and Managing Director IBM CSS GmbH

Sowohl künstliche Intelligenz als auch die Hybrid Cloud haben enorme Entwicklungssprünge gemacht. Durch die Fähigkeit, natürliche und gesprochene Sprache erkennen und verarbeiten zu können ist der Computer zum Beispiel durch Sprachassistenten (fast) zum Konversationspartner geworden und KI hat den normalen Haushalts-Alltag erobert. Und auch die Hybrid-Cloud gewinnt zunehmend an Bedeutung: In einer aktuellen Studie von IBM gaben 79 Prozent der Befragten in Deutschland an, einen Hybrid-Cloud-Ansatz zu verwenden. Mit Blick auf das Jahr 2023 konzentrieren sich führende Unternehmen nun darauf, das volle Potenzial der Hybrid Cloud auszuschöpfen.

Was können wir also in diesem Jahr konkret von KI und Hybrid-Cloud erwarten? Wir haben die wichtigsten Trends ausgemacht.

Foundation-Modelle: Eine flexible Grundlage für KI

Großer KI-Trend 2023 ist eine neue Klasse von KI-Modellen, die sogenannten Foundation-Modelle. Das sind hochleistungsfähige und komplexe KI-Modelle, die als breit einsetzbares, wiederverwendbares Basissystem dienen, quasi als Fundament (Foundation).“ Auf diesem Fundament setzen dann weitere Systeme auf. Sie lassen sich flexibel an verschiedene Einsatzszenarien und Aufgaben anpassen, die jeweils erheblich einfacher zu definieren und zu trainieren sind. Foundation-Modelle können ihre vorhandene Datenbasis nutzen und sind durch Self-Supervised Learning und Transfer Learning zu Transferleistungen und Ableitungen aus dem Gelernten in der Lage. Dadurch kann das Modell die Informationen, die es über ein bestimmtes Szenario gelernt hat, auf eine andere, ähnliche Situation oder Anweisung anwenden. Foundation-Modelle können durch diese Fähigkeiten als breit einsetzbare Grundlage für eine große Anzahl spezifischer KI-Anwendungen in ihrem jeweiligen Bereich dienen – zum Beispiel in der Spracherkennung.

Erste Beispiele, die das Potenzial von Foundation-Modellen einer breiten Öffentlichkeit zeigen, haben wir in der Kunstwelt und Sprachanwendungen gesehen: GPT-3, BERT oder DALL-E 2 haben hier Maßstäbe gesetzt. Benutzer_Innen beschreiben in ein paar kurzen Worten, was sie als Ergebnis erhalten möchten, zum Beispiel „Seerosen im Stil von Pablo Picasso“ oder „Einen Aufsatz zu Rentierwanderungen“ und das System generiert auf der Grundlage dieser Parameter dann einen kompletten Text oder ein komplexes Bild, auch wenn es nicht speziell darauf trainiert wurde, genau diese Anweisung auszuführen oder ein Bild in dieser Art zu erzeugen.

Synthetische Daten: Die Informationslücke bei KI schließen

Auch wenn Foundation-Modelle die weitere Entwicklung von KI erleichtern werden – zum Training von KI-Modellen sind auch in Zukunft große Mengen Daten notwendig. Anhand von Texten und Videos auf Websites wie Wikipedia und YouTube „lernen“ Deep-Learning-Modelle, Vorhersagen und Entscheidungen auf der Grundlage von Mustern zu treffen, die aus Milliarden von realen Beispielen gewonnen wurden. Reale Daten weisen jedoch häufig erhebliche Mängel und Lücken auf. Sensible, aber wichtige Gesundheits-, Finanz- und Verbraucherdaten und Inhalte im Internet sind durch Datenschutz-, Ethik- und Urheberrechtsgesetze geschützt. Wenn überhaupt sind sie nur lückenhaft verfügbar und stehen damit für Trainingszwecke nicht zur Verfügung. Andere reale Datensammlungen sind mit Schwachstellen oder in der Datenbasis versteckten Vorurteilen behaftet, die bestehende Ungleichheiten verstärken oder verschlimmern können.

Hier bieten synthetische Daten eine Abhilfe. Synthetische Daten sind computergenerierte Beispiele von Datensätzen, die reale Daten ergänzen oder ersetzen können. So sollen sie Training von KI-Modellen beschleunigen, sensible Daten schützen, die Genauigkeit verbessern oder Verzerrungen und Sicherheitslücken finden und beseitigen.

Etwas gesunder Menschenverstand für die KI

Um im Einsatz problemlos mit Menschen in der realen Welt interagieren zu können, müssen KI-Anwendungen nicht wie bisher nur Muster in großen Datenmengen erkennen können. Sie müssen uns und unsere Handlungen interpretieren und verstehen können. Dazu müssen sie auch aus den bei uns beobachtbaren Handlungen oder Äußerungen auf unsere mentalen Zustände oder unsere Absichten schließen. Wir machen bereits Fortschritte bei der Entwicklung von KI-Anwendungen, die das auch leisten.

Auf der International Conference on Machine Learning (ICML), stellten die Harvard University, das MIT und IBM im Jahr 2021 AGENT vor (Action, Goal, Efficiency, coNstraint, uTility). AGENT besteht aus 8.400 3D-Animationen. Diese Videos sind in vier Kategorien eingeteilt: Zielpräferenzen, Handlungseffizienz, unbeobachtete Einschränkungen und Kosten- oder Belohnungsabwägungen. Sie wurden entwickelt, um das Verständnis eines maschinellen Lernmodells für Schlüsselkonzepte der intuitiven Psychologie zu testen. Das funktioniert ähnlich wie Forscher die Fähigkeit eines Kleinkindes bewerten, zu erkennen, was andere denken. AGENT ermöglicht es damit als Benchmark zu testen, ob ein KI-Modell über intuitive Fähigkeiten und so etwas wie gesunden Menschenverstand verfügt. Die ersten Testresultate zeigten bereits, dass KI-Modelle hierzu verstehen müssen, wie Akteure planen, indem sie Nutzenberechnungen (z.B. von Handlungen) und essenzielles Wissen über Objekte und Physik kombinieren. Dieses Wissen muss entweder in das Modell mit eingebaut oder durch maschinelles Lernen von ihm erworben werden. Natürlich wird es noch Jahre dauern, bis diese und andere Forschungsansätze zu KIs führen, die wirklich über so etwas wie ein grundsätzliches Verständnis der Welt um sie herum entwickeln. Aber die ersten Schritte auf diesem langen Weg sind gemacht.

Hybrid-Cloud Trends 2023

Um Unternehmens- und Technologieverantwortliche auf das kommende Jahr vorzubereiten, hat IBM fünf Bereiche untersucht, die Unternehmen helfen ihre Hybrid-Cloud-Reise zum Erfolg zu machen:

Die Vorteile von Mainframe und Cloud nutzen

Unternehmen auf der ganzen Welt sind bestrebt, sich schnell zu modernisieren und mit den heutigen digital-first Verbrauchern Schritt zu halten. Im Jahr 2023 sollte der Schwerpunkt darauf liegen, Ordnung in diese Komplexität zu bringen und zu bestimmen, wo die Arbeitslasten am besten hinpassen. Der Modernisierungsansatz sollte nicht darin bestehen, bestehende Systeme einfach zu ersetzen, da dies risikoreich, kostspielig und destabilisierend sein kann. Führungskräfte müssen architektonische Entscheidungen danach treffen, welche Umgebung – vor Ort oder in der Cloud – und welche Art von Infrastruktur am besten geeignet ist. Wird dies richtig gemacht, dann können die Vorteile der Modernisierung im Laufe der Zeit zu mehr Agilität, Sicherheit, bedarfsgerechter Skalierbarkeit und Kosteneinsparungen führen.

Sicherheit ganzheitlich verwalten

Wenn Unternehmen einen hybriden Cloud-Ansatz verfolgen, müssen sie wachsam bleiben – vor allem, weil fast 29 Prozent der Befragten zugeben, dass mangelnde Sicherheit das größte Hindernis für die Weiterentwicklung und Nutzung der Vorteile der hybriden Cloud ist. Mit einem ganzheitlichen Sicherheitsansatz und einem klaren Überblick über die Daten, die sich in der gesamten Hybrid-Cloud-Infrastruktur befinden, können Unternehmen Risiken besser vorbeugen. Dabei geht es nicht nur um eine ganzheitliche Strategie für ihre eigenen Umgebungen, sondern auch für die ihrer Ökosystempartner. Die Abhängigkeiten von Dritt- und Viertanbietern in Cloud-Diensten schaffen neue Risikoebenen, die verwaltet und gemindert werden müssen, bevor sie zu einem Problem werden.

Sich auf die kommenden Vorschriften vorbereiten

Im kommenden Jahr werden sich Unternehmen mit der Frage beschäftigen müssen, wie sie Innovationen vorantreiben und gleichzeitig die sich entwickelnden Branchenanforderungen und Gesetze zur Datensouveränität erfüllen können. Viele Aufsichtsbehörden fordern Unternehmen auf, mehrere Clouds zu nutzen, um das Konzentrationsrisiko zu mindern. Branchenspezifische Cloud-Plattformen mit integrierten Sicherheits- und Compliance-Kontrollen für genau diese Branche tragen dann dazu bei, Innovationen umzusetzen. Sie minimieren Risiken und ermöglichen die Weiterentwicklung von Geschäftsmodellen und das Erfüllen der Verbrauchernachfrage.

Risikominderung mit einem sicheren Ökosystem

Mit Blick auf das Jahr 2023 werden stark regulierte Branchen wie Finanzdienstleistungen, Versicherungen und das Gesundheitswesen weiterhin mit Umwälzungen konfrontiert sein. Infolgedessen gibt es eine neue Art von agilen Technologieanbietern, die auf diese Veränderungen reagieren, indem sie Innovationen einführen, um mit den Anforderungen der heutigen, digital versierten Verbraucher Schritt zu halten. Es wird jedoch von entscheidender Bedeutung sein, dass diese Umwälzungen nicht zu systemischen Risiken in ihren Branchen führen - insbesondere angesichts der zunehmenden Regulierungsaufsicht. Um diesen Wandel zu bewältigen, sollten Fintech-, Insuretech- und Healthtech-Unternehmen mit etablierten Technologieanbietern zusammenarbeiten, um den Sicherheits- und Compliance-Herausforderungen einen Schritt voraus zu sein und das systemische Risiko zu verringern, ohne die für den Erfolg notwendige Innovation und Geschwindigkeit zu beeinträchtigen.

Fokus auf Nachhaltigkeit in hybriden Cloud-Umgebungen

Im Jahr 2023 werden mehr Unternehmen erproben, wie die Hybrid Cloud eine Schlüsselrolle bei der Verwirklichung ihrer Nachhaltigkeitsziele spielen kann. Infolgedessen werden CEOs einen größeren Schwerpunkt auf die Verbesserung der Energieeffizienz in ihrem gesamten IT-Betrieb legen, ohne dabei Abstriche bei der Sicherheit oder Leistung zu machen. Sie werden sich für einen hybriden Cloud-Ansatz entscheiden, der optimierte Systeme in der Cloud zusammen mit der Leistung der IT vor Ort nutzt. So lassen sich Anwendungen auf einer kleineren Fläche ausführen und der CO2-Fußabdruck verringern, alles mit dem Ziel, den Energieverbrauch im gesamten Unternehmen zu reduzieren.

Ein Jahr des Umbruchs

2023 kann ein Jahr des Umbruchs werden: Foundation-Modelle, synthetische Daten und KI-Modelle mit „gesunden Menschenverstand“ lösen viele der Probleme, mit denen sich KI aktuell konfrontiert sieht. Und das volle Potential der Hybrid-Cloud steht kurz davor, voll ausgeschöpft zu werden. Ein enormer Vorteil für Unternehmen und ihre digital orientierten Kund_Innen. 2023 wird intelligenter und hybrider als alle Jahre davor.

Dieser Beitrag erschien in zwei Teilen zuerst auf IT-Zoom und im Cloudcomputing Insider.

Article Categories