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Gegenwärtig befinden wir uns in einer Zeit der Krisen. Wir haben – als allgemeiner Hintergrund – die Klimakrise, die in Deutschland schon zu ersten Bedrohungen durch Trockenheit und...
Gegenwärtig befinden wir uns in einer Zeit der Krisen. Wir haben – als allgemeiner Hintergrund – die Klimakrise, die in Deutschland schon zu ersten Bedrohungen durch Trockenheit und Starkregen geführt hat. Dann haben wir – als unsere momentane Dauerkrise – das Thema Corona, das zu unplanbaren Einschränkungen führt, einzelne Industrien massiv schädigt, derzeit an Wichtigkeit verliert und – vermutlich – im Herbst wieder an Wichtigkeit gewinnen wird. Und als neueste Krise haben wir den Krieg in der Ukraine, der direkt und indirekt – d.h. über Embargos und Preissteigerungen – die Verfügbarkeit von Energie, Nahrungsmitteln und Rohstoffen reduziert und somit die Preise steigen lässt.
Diese Krisen führen zu kleineren oder größeren ökonomischen Schocks, da einerseits die Kosten für Rohstoffe, Transportleistungen usw. kurzfristig steigen und andererseits einige Waren – z.B. bestimmte Chips – plötzlich nicht mehr verfügbar sind.
Manche der sich daraus ergebenen Effekte sind einfach vorhersehbar. Aber es gibt auch Folgen, die nicht auf den ersten Blick ersichtlich sind. Welchen Einfluss hat z.B. ein Corona-Ausbruch in China auf die Schadenersatzansprüche bei der KFZ-Haftpflicht? Keine? Oder muss berücksichtigt werden, dass die Corona-bedingte mangelnde Teileverfügbarkeit dazu führt, dass ein Ersatzmietwagen wesentlich länger gestellt werden muss? Welchen Einfluss hat der Ukraine-Krieg auf die Ausgaben für Sicherheit und Versicherung in Ägypten? Keine? Oder muss damit gerechnet werden, dass der Mangel an ukrainischem Weizen in Ägypten zu Hunger und Aufruhr führt?
Weil sich die Rahmenbedingungen in dieser Hinsicht schnell ändern, ist es notwendig,
- diese Effekte schnell zu erkennen,
- dann unterschiedliche Szenarien & Handlungsalternativen zu planen und zu optimieren,
- entsprechende Entscheidungen zu fällen
- und schließlich diese Entscheidungen umzusetzen.
Dieses Vorgehen wird im militärischen Bereich nach Colonel John Boyd als OODA-Loop (Observe, Orient, Decide, Act) bezeichnet. Bei dem Prinzip handelt es sich um eine Entscheidungsschleife, die immer wieder durchgeführt wird, wenn neue Krisen oder Probleme auftreten. Aber wie können wir sie auf die heutigen Probleme anwenden? Muss der OODA-Loop für die heutigen Herausforderungen angepasst werden?
Der OODA-Loop in der Wirtschaft
Beim ersten Punkt („Observe“ in der OODA-Loop) zeigt sich, dass die meisten größeren Unternehmen die Welt mit toolbedingten Scheuklappen sehen. Der Hintergrund dabei ist, dass diese Unternehmen – je nach Abteilung, Anwendungsgebiet oder Präferenz des Anwenders – unterschiedliche Tools im Bereich Analytics & Reporting einsetzen. Und jedes dieser Tools sieht nur einen Ausschnitt der gesamten verfügbaren Daten. Als Ergebnis sieht jeder Anwender bzw. jede Abteilung die Welt mit jeweils anderen Scheuklappen. Es ist klar, dass auf diese Weise kein vernünftiges Gesamtbild zustande kommt. Hier empfiehlt es sich, eine Einsatzzentrale (im Englischen auch „War Room“ genannt) aufzubauen, die einen Überblick über alle Daten in allen Tools hat. Eine Möglichkeit, eine derartige Einsatzzentrale aufzubauen ist die Nutzung des IBM Analytics Content Hubs. Mit dieser Software kann man die Inhalte unterschiedlicher Tools einfach in einer Oberfläche integrieren und so einen Gesamtüberblick über alle Daten in allen Tools erzielen. Dieser Integrations-Ansatz ist dabei in vielen Unternehmen beliebt, da – im Gegensatz zu anderen Ansätzen – keinem Anwender sein Lieblingstool weggenommen wird. Ein interessanter Nebeneffekt des Ansatzes ist es zudem, dass bei diesem Ansatz Schlüsselkennzahlen aus unterschiedlichen Bereichen in derselben Oberfläche dargestellt werden können. Wie Andy Groove, ehemaliger Chairman und CEO von Intel, in seinem Buch „High Output Management“ dargestellt hat, führt die Verbesserung einer Schlüsselkennzahl häufig zu einer Verschlechterung einer anderen Schlüsselkennzahl: Wenn der Absatz stark gesteigert wird, hat das Einfluss auf die Kundenzufriedenheit. Wenn die Auslastung der Mitarbeiter zu stark optimiert wird, steigt die Mitarbeiterfluktuation. Aus diesem Grund empfiehlt Andy Groove mithilfe von Paaren von Schlüsselkennzahlen sowohl den beabsichtigten Effekt als auch die unbeabsichtigten Nebenwirkungen stets im Auge zu behalten. Das Problem dabei ist jedoch, dass in den meisten Firmen die Schlüsselindikatoren der beabsichtigten Effekte und der unbeabsichtigten Nebeneffekte in unterschiedlichen Abteilungen betrachtet und somit in unterschiedlichen Tools dargestellt werden. Und genau hier hilft eine integrierende Oberfläche à la IBM Analytics Content Hub, die es erlaubt, Schlüsselkennzahl und Gegenschlüsselkennzahl in derselben Oberfläche zu betrachten.
Beim zweiten Punkt („Orient“ in der OODA-Loop) hat unser bisheriges – recht stabiles – Wirtschaftsumfeld dazu geführt, dass die Planung von Szenarien & Handlungsalternativen und deren Optimierung bisher zwei getrennte Schritte waren. D.h., man hat ausführlich verschiedene Szenarien geplant, sich für eine Handlungsalternative entschieden und diese dann in mehreren Iterationen optimiert. Jetzt jedoch muss dieser Prozess wesentlich beschleunigt und – im Idealfall – gleich integriert durchgeführt werden. Es soll also nicht mehr auf Basis mehrerer Szenarien eine Handlungsalternative ausgewählt werden, die erst danach optimiert wird. Stattdessen soll schon bei der Entwicklung der Szenarien und Handlungsalternativen eine Optimierung durchgeführt werden. Für Unternehmen heißt das, dass die Szenario-Planung und die Optimierung ineinander integriert werden müssen. Auch hier gibt es einen interessanten Nebeneffekt: Es könnte sich zeigen, dass die bisher genutzte Handlungsalternative, die sich aus Optimierung der besten nicht-optimierten Handlungsvariante ergeben hat, suboptimal ist. Diese Integration von Szenario-Planung und Optimierung kann z.B. mit IBM Planning Analytics und IBM ILOG CPLEX Optimizer realisiert werden.
Heute stehen Unternehmen vor neuen Fragen
Auch beim dritten Punkt („Decide“ im OODA-Loop) gibt es neue Aspekte. Entscheidungen waren schon immer mit Risiko verbunden, es gab Fragen wie „Kommt das Projekt beim Kunden an?“ und „Wie groß wird unser Absatz sein?“. In unserem – nicht mehr ganz so stabilen – ökonomischen Umfeld stellen sich jetzt aber deutlich komplexere Fragen wie „Was ist das beste Produktionsverfahren, wenn unsere Lieferanten in der EU eine geringe Ausfallwahrscheinlichkeit, unsere Lieferanten aus Amerika eine gewisse Wahrscheinlichkeit von Lieferschwierigkeiten und unsere Lieferanten aus dem fernen Osten wahrscheinlich wesentlich höhere Transportkosten haben?“ Bei vielen Entscheidungen muss jetzt zunehmend mit Wahrscheinlichkeiten gerechnet werden. Einige dieser Wahrscheinlichkeiten sind bekannt. Bei anderen muss die Wahrscheinlichkeit geschätzt oder mit der Gottschen Formel (nach J. Richard Gott III.) aus der Dauer der bisherigen Existenz abgeleitet werden.
Für Unternehmen heißt dies, dass sie viele Entscheidungen unter Berücksichtigung von Wahrscheinlichkeiten fällen müssen. Das kann bedeuten, dass z.B. die Second Source Strategie der IBM, wie sie beim IBM PC genutzt wurde (d.h. die damalige Forderung der IBM, dass es zu jeder Komponente mindestens zwei Hersteller geben muss), zu neuen Ehren kommt. Wir erinnern uns: diese Strategie hat Intel dazu gezwungen, den 8088-Prozessor an AMD zu lizensieren, um IBM Lieferant werden zu können. Das hat zur Dauer-Konkurrenz von Intel und AMD geführt, die uns immer neue und bessere CPUs beschert hat und beschert. In vielen Fällen wird zur Optimierung von Entscheidungen unter Unsicherheit IBM Decision Optimization eingesetzt.
Beim letzten Punkt (“Act” in der OODA-Loop) gibt es – aufgrund der großen Anzahl an Szenarien und potentiellen Maßnahmen – keine allgemeinen Empfehlungen – außer einer: Gehen Sie die Themen „Einsatzzentrale“, „Integration von Szenario-Planung und Optimierung“ und „Entscheidungen unter Berücksichtigung von Wahrscheinlichkeiten“ konsequent und zeitnah an.