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#positivarbeiten: Inklusion von HIV-Betroffenen
December 02, 2020

Viele Menschen leben mit einer chronischen Erkrankung, sind im Arbeitsalltag integriert und leisten ihren Beitrag – so wie alle anderen auch. Ihre KollegInnen wissen oft nichts davon, weil...

Viele Menschen leben mit einer chronischen Erkrankung, sind im Arbeitsalltag integriert und leisten ihren Beitrag – so wie alle anderen auch. Ihre KollegInnen wissen oft nichts davon, weil darüber einfach nicht gesprochen wird. Manche dieser Erkrankungen sind noch zusätzlich mit einem Stigma behaftet, sodass die Scheu darüber zu sprechen noch größer ist. Eine dieser Erkrankungen ist die HIV-Infektion.

Gezielt Bewusstsein schaffen

Da viele HIV-positive Menschen im Arbeitsleben noch immer Diskriminierung und Vorurteile erleben, präsentierten die AIDS-Hilfen Österreichs gemeinsam mit den Mitinitiatoren IBM und SAP am 1. Dezember 2020, dem Welt-AIDS-Tag, die Initiative #positivarbeiten der Öffentlichkeit. Bis zu diesem Tag haben 72 DienstgeberInnen aus ganz Österreich die Deklaration „Respekt und Selbstverständlichkeit – für einen diskriminierungsfreien Umgang mit HIV-positiven Menschen im Arbeitsleben“ unterzeichnet. Darunter sind mehrere Ministerien, Länder, Städte, Bildungseinrichtungen, sowie namhafte Betriebe der heimischen Wirtschaft aus dem ganzen Bundesgebiet. Sie alle signalisieren ihren MitarbeiterInnen: „Du bist genau so, wie du bist, richtig, du bist Teil unserer Vielfalt und Vielfalt ist das, was unsere Unternehmenskultur ausmacht“, wie es zum Beispiel Jörg, Gesicht der Kampagne #positivarbeiten, ausgedrückt hat. Es ist wichtig, das nicht nur unternehmensintern zu kommunizieren, sondern auch der gesamten Gesellschaft zu sagen, denn dadurch können immer mehr Menschen – wenn sie es wollen – offen über ihr HIV-Infektion reden und müssen sich nicht verstecken. Es kommt zu weniger Zwangsoutings und HIV-positive Menschen können selbst entscheiden, wann sie wem von ihrer HIV-Infektion erzählen, wie es sich Andreas, Gesicht der Kampagne #positivarbeiten, in seinem konkreten Fall gewünscht hätte.

#positivarbeiten als Teil von Diversity und Inclusion

Gerade beim Thema HIV wird Diversity und Inclusion besonders sichtbar. Einerseits, weil eine HIV-Infektion noch immer sehr schnell mit homosexueller Orientierung verbunden wird und Menschen dieser Orientierung automatisch als Risikogruppe bezeichnet und somit stigmatisiert werden. Andererseits gehört HIV zu einer Reihe von chronischen Erkrankungen – ob physisch oder psychisch – die keine Auswirkungen auf die Arbeitsleistung, die Qualifikation oder das Talent der einzelnen Person haben und ein Ausschluss von gewissen Tätigkeiten diskriminierend ist. Gerade deshalb befindet sich das Projekt #positivarbeiten genau an der Schnittstelle von Diversity und Inclusion. Es reagiert außerdem auf einen dringenden Bedarf, denn in Österreich leben geschätzt zwischen 8.000 und 10.000 Menschen mit HIV. Viele von ihnen sind im erwerbsfähigen Alter und sind auch in den verschiedensten Bereichen erwerbstätig. Eine große Zahl lebt wahrscheinlich in der sogenannten unfreiwilligen Heimlichkeit, aus Angst vor beruflichen Nachteilen.

Unfreiwillige Heimlichkeit

Muss man im 21 Jahrhundert noch über HIV reden, wenn es hochwirksame Medikamente gibt, die dafür sorgen, dass die Erkrankung AIDS nicht ausbricht und man trotz des Virus ein beinahe beschwerdefreies langes Leben mit einer durchschnittlichen Lebenserwartung führen kann? Eine erfolgreiche Therapie sorgt dafür, dass das Virus im Körper keinen Schaden anrichtet, es kann jedoch nicht aus dem Körper eliminiert werden. Das heißt, dass Menschen mit HIV einen lebenslangen Begleiter haben, den sie mit täglicher Medikamenteneinnahme im Zaum halten müssen. Aber sie bleiben fit und leistungsfähig bis ins hohe Alter und sind nicht ansteckend – im alltäglichen Sozialkontakt sowieso nicht, aber auch nicht beim Sex. Dennoch bleibt dieses Stigma HIV, sodass viele Betroffene sich dazu gezwungen sehen, nicht darüber zu reden, weder privat noch am Arbeitsplatz. Die Sorge, dass durch das Outing berufliche Nachteile zu erwarten sind, ist leider nicht ganz unbegründet. Noch immer gibt es Fälle von Kündigungen aufgrund von HIV und ungerechtfertigte HIV-Tests bei Anstellungen.

In die Arbeit bringt man sich immer als ganzer Mensch ein

In die Arbeit, sowie ins Unternehmen fließt die ganze Persönlichkeit eines jeden einzelnen und nicht nur seine fachliche Tätigkeit ein. Diese Persönlichkeit ist geprägt von der sozialen und kulturellen Herkunft, den Erfahrungen und Beziehungen, den persönlichen Haltungen, sowie auch der Gesundheit. Unternehmen, die das wahrnehmen, erkennen gerade darin das Potenzial ihrer MitarbeiterInnen und einen Mehrwert für Betrieb und Personal. Ziel der Initiative #positivarbeiten ist es daher auch, das Bewusstsein in den Unternehmen zu verankern, dass ein viel größeres Potential an Ressourcen zur Verfügung steht, wenn Menschen in ihrer ganz persönlichen Identität wahrgenommen und wertgeschätzt werden und die Möglichkeit erhalten, Persönliches zu teilen, ohne dass daraus ein persönlicher Nachteil entsteht. Wenn Sie mehr über die Initiative erfahren möchten oder Ihr Unternehmen die Deklaration unterstützen möchten, steht ein Teilnahme-Formular unter https://www.aids-hilfe.at/positivarbeiten/mitmachen/ bereit.

#positivarbeiten gibt es nicht nur in Österreich

2019 wurde die Initiative #positivarbeiten von der Deutschen AIDS-Hilfe mit Unterstützung von IBM und SAP gestartet. Neben Österreich wurde auch in den USA die Deklaration am Welt-AIDS-Tag 2020 öffentlich gemacht.

Weitere Informationen finden Sie auch unter https://www.ibm.com/de-de/blogs/think/2018/12/01/deutsche-aids-hilfe/.

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